Sunday, June 26, 2011

Dennis Hoppers The Last Movie (1971) - Filmanalyse



I will continue with the Godard-reviews in due time, but up until then, here is an analysis I wrote in german on Dennis Hopper's unfairly maligned masterpiece THE LAST MOVIE I did some time ago. Enjoy!!



„The Last Movie“ (1971) war Dennis Hoppers zweiter Film als Regisseur und Drehbuchautor, und bedeutete für den damals 35-jährigen fast das Ende seiner Karriere. Das Wunschprojekt, das er bereits vor „Easy Rider“ umsetzen wollte, kostete über eine Million Dollar. Der Film wurde von Universal ohne Auflagen und mit Recht auf Final Cut bewilligt, und gewann in Venedig den Spezialpreis der Jury.

Doch das Experiment floppte in den Staaten, und wurde von Kritikern als inhaltliche Farce verrissen. Durch Vorführungen in Museen und Mitternachts-Kinos erreichte der Film schließlich den Status eines verkannten Meisterwerkes, das zu Unrecht abgestraft wurde, und in der Tradition europäischer Kunstfilme der damaligen Zeit steht. Bis zuletzt versuchte Hopper den Film auf DVD zu veröffentlichen – ein Traum, den er zu Lebzeiten nicht mehr verwirklichen konnte.

Im Zentrum des Films steht die harsche Kritik am amerikanischen Imperialismus. Der „American Dream“ dringt in eine unberührte, im Herzen unschuldige Welt ein und zerstört sie. Als Metapher für diese zwei Welten entscheidet sich Hopper für die fiktive, gestellte Welt eines Filmdrehs, dem die Bevölkerung einer peruanischen Kleinstadt gegenüber steht.

Ende der Sechziger Jahre befand sich die USA in einer Phase voller Spannungen. Der Krieg in Vietnam, Rassenkonflikte und das Ende der Hippiekultur bildeten den apokalyptischen Background für Hoppers filmische Visionen. Bereits mit „Easy Rider“ schrieb der Regisseur und Drehbuchautor seinen Abgesang auf die amerikanische Gesellschaft und schließt mit „The Last Movie“ an dessen Thesen zu Gegenkultur, Opferrollen und Tod an.

Als nach dem Tod eines Protagonisten die Dreharbeiten eines Westerns (im Film unter der Regie von Samuel Fuller) abgebrochen werden, entscheidet sich der Stuntman Kansas (Hopper), am Drehort in Peru zu bleiben. Dort hat er sich mittlerweile eine zweite Existenz jenseits aller amerikanischen Maßstäben aufgebaut: in der Prostituierten Maria (Stella Garcia) findet er eine naturverbundene Partnerin, und die malerisch Landschaft kommt für ihn einem Garten Eden gleich. Direkt zu Beginn des Films reitet er in einer Hommage an die goldene Ära des Hollywood-Westerns durch ein Feld von gelben Blumen; die schneebedeckten Berge und der blaue Himmel im Hintergrund. Diese im Film wiederkehrenden des Genres verweisen auf das Bild des „guten Cowboys“, der mit sauberem Hemd und edlen Absichten durch ein unberührtes Land reist und für amerikanische Werte (wie Moral, Gerechtigkeit und Güte) steht.

Hopper fängt Peru in ausladenden Panoramen ein - Standbilder und langsame Kamerafahrten vermitteln die Harmonie der Abgeschiedenheit. In diesen Aufnahmen zeigt der Regisseur sein Talent als impressionistischer Filmemacher. Ähnlich wie Terrence Malick nach ihm, zeigt er langen Einstellungen, Supertotalen und Totalen, sowie harmonischen Bildkompositionen die Natur als Ausdruck von Seelenfrieden und unberührter Schönheit. Diese Natürlichkeit spiegelt sich auch in anderen Aspekten des Filmes wieder: Hopper arbeitet fast ausschließlich mit natürlicher Beleuchtung, und die Indios (von denen viele tatsächliche Einwohner des Dorfes waren) geben ihre Rollen ungekünstelt wieder. Auch Hopper selbst hält sich als Hauptdarsteller angenehm zurück - keine Spur vom etwaigem Größenwahn, der ihm oft nachgesagt wurde



Als krasser Gegensatz zur visuellen Harmonie steht der non-linear gewählte Schnitt.

Nach Ende der fast sechs Monat andauernden Dreharbeiten zog sich Hopper nach Taos, New Mexico zurück, im Schlepptau etliche Stunden Filmmaterial. Inspiriert von dem Western El Topo (1970), lud Hopper dessen Regisseur Alejandro Jodorowsky zu sich ein, und bot dem gebürtigen Chilenen an, „The Last Movie“ zu schneiden. Nach zwei Tagen soll der Film fertig gewesen sein. Hopper zeigte sich begeistert. Universal lehnte die Fassung jedoch ab – es darf allerdings vermutet werden, dass Hopper sich stark von Jodorowskys typisch unkonventionellem Stil inspirieren ließ.

Für Hopper wird er zum Ausdruck der Innenwelt seines Protagonisten und formuliert dem Publikum dessen Gedankenwelt: sieht Kansas z.B. eine Kulisse, schlägt Hopper eine Brücke zu den Wünschen seiner Figuren nach amerikanischen Lebensvorstellungen. Verhalten sich die Figuren materialistisch, wird die Handlung durch eine Szene kontrastiert, welche die ursprüngliche Bodenständigkeit der Indios hervorhebt. Und immer wieder greift er Slow Motion Aufnahmen des Set-Unfalls auf, um Kansas Todesangst zu verdeutlichen.

Doch die westliche Kultur hinterlässt am Drehort deutliche Spuren: Einige der Einheimischen sehen sich vom Dreh inspiriert und stellen mit Attrappen aus Bambus ihren eigenen Film nach, und Maria fordert nach wenigen Wochen des Zusammenlebens ein Haus mit Pool, einen Kühlschrank und Pelzmantel. Garcia wirkt nun aufgesetzt und übertreibt in ihrer Darstellung, was dem Versuch ihrer Figur entspricht, sich amerikanischen Verhaltensmustern anzupassen (wodurch sie für Kansas natürlich jeden Reiz verliert).

Ebenso agiert der selbsternannte peruanische Regisseur wie eine Karikatur von Fuller, fuchtelt mit einer geladenen Pistole herum und verkündet zuletzt, dass Kansas, der „die Sünde“ ins Dorf gebracht hat, als Abschluss des „Filmes“ vor den Augen aller hingerichtet werden soll, um das Dorf vom Bösen zu befreien. Für die Indios besteht kein Unterschied zwischen Realität und Inszenierung. Was sie beim Dreh des Filmes sehen, ist für sie Wirklichkeit.

Angestachelt vom falschen (aber trotzdem realen) Regisseur verwunden die Indios Kansas schwer. Dieser kann gerade noch fliehen und bricht halluzinierend in einer Kirche zusammen. Hier bricht Hopper mit seinem ruhigen Stil: der Schnitt wird hektisch, wirr, manche Einstellungen dauern kaum eine Sekunde. Hopper fängt mit unruhiger, zitternder Handkamera Kansas Schmerz ein, verdeutlicht uns seine Halluzinationen noch mit eingefügten Sirenen, Schüssen und verstörenden Indio Gesängen. Ein Folk Song beginnt, bricht ab, Tiergeräusche und Babyschreie vermischen sich. Es herrscht pures Chaos, auf der Leinwand ebenso wie im Kopf des fliehenden Protagonisten.

Kansas überlebt, fügt sich jedoch in sein Schicksal und stellt sich den Indios. Als er schließlich seinen inszenierten Tod sterben soll, sehen wir ihn zu harmonischen Folk Klängen in Slow Motion rennen, wie er von einer Kugel getroffen wird und sterbend niedersinken. Doch Kansas steht wieder auf, lacht, klopft sich den Staub von den Kleidern und läuft aus dem Bild. Eine Sterbeszene folgt der nächsten, und immer wieder erhebt sich Kansas aufs Neue von den Toten, grimassiert, lacht. Auch der Zuschauer kann nun nicht mehr differenzieren: sehen wir grade einen Film, einen Film übers Filmemachen oder karikiert Hopper seine eigenen Dreharbeiten? Haben die Indios in ihrem Sünder, der das Unglück über sie brachte, einen Erlöser gefunden?

Zusätzlich zeigt Hopper Textkarten mit der Aufschrift „Scene Missing“, und scheint nun gar nicht mehr zu schneiden, zeigt Filmklappen und auslaufende Filmrollen, Crewmitglieder und ins Bild hängende Mikrofone. Hopper verdeutlicht seinem Publikum, welches den Film bis dahin unterbewusst als real wahrgenommen hat, dass es sich hierbei nur um eine Inszenierung handelt. Er bricht die Struktur des Filmes auf und enttarnt ihn als Farce, der mehr der Zerstreuung als der geistigen Bildung dienen soll.



Nach einer Laufzeit von zwei Wochen in New York wurde der Film schließlich abgesetzt - die Kritik hatte ihn zu diesem Zeitpunkt bereits als wirre Drogenvision abgetan. Der wahre Grund für die negative Resonanz war aber weder die non-lineare Struktur, noch Hoppers Drogenexzesse (die im Dokumentarfilm „The American Dreamer“, der Hopper als bärtigen, hemmungslosen Junkie zeigt, festgehalten wurden), sondern die offene Attacke gegen das Hollywood-System und den „American Dream“. Für Hopper wird der Hollywoodfilm zum Symbol der amerikanischen Ideologie: jede Figur in „The Last Movie“ ist ein Produkt der „Traumfabrik“ Hollywood - pure Oberflächlichkeit, jeder Seele und Ideologie beraubt, die wiederum andere, im Glauben in eine sozial höher liegende Schicht aufzusteigen, inspiriert es ihr gleichzutun. Die künstliche Filmwelt gebiert in der Realität ihre Klischees.

Und so bildet die letzte Szene des Filmes den ultimativen, zynischen Abgesang auf die geistige Macht des Kinos: Kansas und sein Freund Neville (Don Gordon) sitzen vor einem Lagerfeuer. Die beiden sind auf der Suche nach Gold, und Kansas fragt, ob sein Freund wisse, wie man es findet. Neville entgegnet darauf: „Hast Du den Schatz der Sierra Madre gesehen? Wenn Walter Hudson Gold finden kann, dann kann ich das auch.“




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